Was uns von Dänemark unterscheidet oder: Die Natur verhandelt nicht

Die Zeit für hohle Phrasen ist vorbei. Wenn wir etwas gegen den Klimawandel tun wollen, muss die Politik ihre Perspektive ändern. Jetzt.

Es ist zum Haare raufen. Kaum hat sich die Politik zu einem Klimapaket(chen) durchgerungen, da wird es schon wieder aufgeweicht. Dabei hatte es von allen Seiten Kritik gehagelt, dass schon die ursprüngliche Form nicht ausreicht. Der Aufschrei in den sozialen Medien ist riesig. Vor allem die Kontrollmechanismen sollen in der jüngsten Gesetzesversion abgeschwächt werden, was bedeutet, dass die Industrie sich mit Täuschen und Tricksen über die nächsten Jahre retten kann, ohne umdenken und umplanen zu müssen.

Nein, nein heißt es aus dem Kanzleramt, man sei auf Kurs. Es gehe darum, den Menschen den Umstieg auf energiesparende Anschaffungen zu erleichtern. „Bei der nächsten Entscheidung für eine Heizung, bei der nächsten Entscheidung für ein Auto, da soll man umsteuern und nicht für sein Verhalten von gestern heute bestraft werden“, wird Kanzleramtschef Helge Braun vom „Spiegel“ zitiert. Und Angela Merkel hat beteuert, dafür Sorge tragen zu wollen, dass ein Monitoring stattfinden werde.

Die stetige Suche nach Hintertürchen

Das mag schon sein, doch ohne Härten wird es nicht gehen, wenn wir glaubhaft Vorreiter für einen Klimawandel sein wollen, wie die Regierung das international vollmundig verkündet und national vorgibt zu sein. Eher sieht es so aus, als ob die Politiker nach Hintertürchen suchen, um den Status quo so lange wie möglich erhalten und die Erneuerung so weit wie möglich nach hinten verschieben zu können. Auf eben die Art und Weise wie schon seit Jahren unter Merkel agiert wird: Abwarten, Aussitzen, Abwiegeln und so tun als ob.

Das wird nicht funktionieren! Deswegen sprechen wir bei DMT.events vom Umdenken. Es muss tatsächlich ein „Shift im Mindset“ stattfinden, wie es neudeutsch heißt. Priorität Nummer eins im Entscheidungsprozess muss der Klimaschutz sein. Nicht wirtschaftliche Fragen und nicht die Argumente der Bedenkenträger. Umdenken hieße für die Politik eben: Verantwortung übernehmen für die Klimaziele, Wege dahin aktiv zu gehen, auch mal unpopuläre Entscheidungen zu treffen und sich nicht vom Ziel abbringen zu lassen.

Kopenhagen: Klimaneutralität bis 2025

Dass dieser Weg gangbar ist, haben andere schon vorgemacht: Arnold Schwarzenegger in Kalifornien oder die skandinavischen Länder. In Norwegen werden seit einiger Zeit mehr E-Autos zugelassen als Verbrenner. Und in Kopenhagen verfolgt man stringent das Ziel, bis 2025 (!) klimaneutral zu werden. Diese Entwicklungen entspringen nicht einer kurzfristigen Laune, sondern werden schon seit vielen Jahren konsequent vorangetrieben.

Aus diesem (Um-)Denken und Streben ergeben sich fast zwangsläufig neue Ansätze, denn man kann nicht auf eine Selbstheilung des Systems setzen, wie die Kanzlerin es so gerne macht. Man muss aktiv werden: Dänemark fordert nun eine gemeinsame EU-Strategie, um den Bestand der Diesel und Benziner sukzessive abzubauen. Dazu soll es den Mitgliedsstaaten ermöglicht werden, den Verkauf von Verbrennern ab 2030 verbieten zu können. 10 EU-Länder haben sich angeschlossen. Was wird Deutschland tun?

Auch die Politik muss sich wandeln

Hintergrund für den dänischen Antrag: Aktuell ist ein Verkaufsverbot für Pkw mit Verbrennungsmotor in einzelnen EU-Mitgliedsstaaten europarechtlich nicht zulässig. Da ein europaweites Verkaufsverbot nicht absehbar ist, sollte zumindest einzelnen Ländern die Möglichkeit gegeben werden. Dem müssten aber alle zustimmen.

DAS ist glaubhafte Umsetzung der Klimaziele. Dahinter erkennt man eine Strategie und den Willen, diese umzusetzen. Und nicht das kleingeistige Gezänk hierzulande über jeden Cent Erhöhung der Benzinpreise. Oder die ständigen Versuche, die Bürger mit Taschenspielertricks hinters Licht zu führen.

Das Klima wandelt sich, die Politik muss es auch tun. Die Natur verhandelt nicht. HM

Autogipfel: Fokus auf die Ladesäulen

Beim Autogipfel in Berlin kam wenig Greifbares heraus. Man wolle einen „Masterplan für die Infrastruktur“ erarbeiten, hieß es nach dem Treffen.

Beim Autogipfel im Berliner Kanzleramt wurden wie erwartet keine Beschlüsse gefasst. Politik, die deutsche Autoindustrie und Zulieferer einigten sich in dem Gespräch auf die Erstellung eines Masterplans für die Ladeinfrastruktur. Einzig VDA-Präsident Bernhard Mattes äußerte sich nach dem Gespräch und sagte, mit Blick auf die Klimaschutz-Ziele 2030 müsse man sich stark auf den „größten Hebel“ konzentrieren, und das sei die Elektromobilität.

Mattes: „Weitere Alternativen“

VDA-Präsident Bernhard Mattes. Foto: VDA
VDA-Präsident Bernhard Mattes. Foto: VDA

Langfristig müssten dann aber „weitere Alternativen hinzukommen, die für andere Anwendungen sinnvoll seien“. Er wies Bedenken zurück, dass dies eine einseitige Fixierung auf E-Mobilität darstelle. Mattes weiter: „Wir haben über finanzielle Zusagen und Fördermittel nicht gesprochen“.

Der Plan solle den Weg bereiten, damit das Netz von Ladestationen so ausgebaut werden kann, dass bis 2030 sieben bis zehneinhalb Millionen E-Fahrzeuge versorgte werden könnten. Ladestellen seien einer der wesentlichen Punkte für die Kundenakzeptanz, sagte Mattes. Finanzielle Zusagen und Fördermittel seien kein Thema gewesen.

Regelmäßige Spitzentreffen

Die Große Koalition hatte im Frühjahr regelmäßige Spitzentreffen angekündigt, um die Autobranche mit mehr als 800.000 Beschäftigten fit für die Zukunft zu machen. Ziel einer „Konzertierten Aktion Mobilität“ soll es sein, den politischen Handlungsbedarf zu bestimmen.

Dabei geht es um die umwälzenden Veränderungen bei den neuen Antrieben etwa mit Batterien, Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen. Dies hat alles auch Folgen für die Arbeitswelt und die Beschäftigungslage. Maßnahmen und Beschlüsse sollen erst bei einem weiteren Gipfel im Herbst folgen.

Schwieriger Absatz von E-Autos

Der Absatz von E-Autos kommt weiter nur langsam in Gang – trotz Anreizen wie einer Kaufprämie, die gerade bis 2020 verlängert wurde. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) lag zum 1. Januar 2019 der Bestand an Elektro-Pkw bei 83.000, der an Hybrid-Pkw bei 341 000 Autos – bei einem Gesamtbestand von 47,1 Millionen Pkws. HM/dpa/Foto: Nissan

VW attackiert Groko: Wo bleiben die Ladesäulen?

Kunden kaufen keine E-Autos, weil die Ladesäulen fehlen. Da ist sich VW sicher. Die Wolfsburger Firma schickt schon bald den elektrischen ID.3 auf den Markt und sieht die Bundesregierung in der Verantwortung, gemachte Versprechen zu erfüllen.

In Deutschland fehlt es an Ladesäulen, findet VW, und sieht die Politik in der Pflicht. Foto: Hubject

Konzeptstudien und Pläne, die in Schubladen versauern, sollen der Vergangenheit angehören. Es scheint, als seien Autobauer aufgewacht. Die Konzerne, die Milliarden an Investitionen in die Entwicklung der sauberen Autos gesteckt haben und jetzt mit den ersten Modellen auf den Markt kommen, fühlen sich von der Politik jedoch im Stich gelassen.

VW investiert 280 Millionen Euro

VW-Vorstand Thomas Ulbrich, in Wolfsburg für die Elektro-Mobilität zuständig, gehört zu den Kritikern und nennt in Berlin ein Beispiel für nicht erfüllte Ankündigungen. Er verweist auf den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. In diesem wurden bis 2020 zusätzlich 100.000 öffentliche Ladestationen angekündigt. Der VW-Manager: „Derzeit existieren bislang gerade mal 20.000, nicht viel mehr als zum Zeitpunkt der Groko-Gründung. Hier ist ein stärkeres Engagement der Politik gefragt“. Ulbrich nennt das nur langsam wachsende öffentliche Netz einen „kritischen Erfolgsfaktor für den Durchbruch der E-Mobilität in Deutschland“. In einer Umfrage hatten 76 Prozent der befragten Autofahrer die unzureichende Anzahl an frei zugänglichen Stationen als Hinderungsgrund für die Anschaffung eines E-Autos genannt.

Ulbrich betont: „Das Aufladen eines E-Autos muss genauso einfach und selbstverständlich werden wie das Laden eines Smartphones“. Er fordert deshalb sofort einen Masterplan für den schnellen Ausbau der Lademöglichkeiten. „Wenn Wirtschaft und Politik ihre Kräfte bündeln, können wir die Herausforderungen bei der Ladeinfrastruktur sehr schnell bewältigen“. Volkswagen selbst will 280 Millionen Euro ausgeben und bis 2025 insgesamt 36.000 Ladepunkte in Europa, viele davon in Deutschland, errichten.  Sie sollen bei den VW-Händlern und an den Standorten der Werke entstehen und in der Regel frei zugänglich sein.

Rundum-Sorglos-Angebote

Der Manager verweist darauf, dass gut die Hälfte aller Besitzer ihr Auto vornehmlich zu Hause laden werden. Alle diese Fragen hat die Politik bisher nicht gelöst. „Bis 2020 müssen alle Hürden abgeräumt werden. Wir brauchen mehr Norwegen und weniger Bürokratie in Deutschland“. Schmerbeck bezieht sich damit auf das Elektro-Musterland in Skandinavien, in dem die Regierung in kurzer Zeit den Weg zum Ausbau der Infrastruktur freigemacht hat.

Um zweifelnde Kunden von E-Autos wie dem ID.3 zu überzeugen, hat VW wie andere Hersteller auch ein „Sorglos“-Paket geschnürt, das dem Kunden fast alles abnehmen soll, was nach dem Kauf des Stromers so erledigt werden muss. Dazu hat der Konzern eine Tochterfirma namens „Elli“ („Electric Life“) gegründet. Sie unterstützt bei der Einrichtung eines privaten Anschlusses, beauftragt spezialisierte Firmen mit der Prüfung des heimischen Stromanschlusses, liefert eine Wallbox bis elf Kilowatt, vermittelt Verträge mit dem Anbieter, der dann möglichst „grüne“ Energie durch die Leitungen schickt.

Zu den weiteren Hilfen für die künftigen Kunden zählt auch das Programm „We charge“. Eine Art Kreditkarte öffnet europaweit den Zugang zu künftig gut 150.000 öffentlichen Ladesäulen, unabhängig vom Stromanbieter. In Modellen des VW-Konzerns ist dieser Service auch mit der Bordelektronik wie dem Navigationssystem verknüpft. Die Karte selbst kann aber auch von Besitzern eines Fahrzeugs anderer Marken zum Bezahlen des Stroms genutzt werden, dann allerdings nicht mit dem Auto direkt zusammenarbeiten. SP-X