Abkehr vom eigenen Auto? Keine Spur!

Immer mehr Pkw, Carsharing in der Krise: Großstädter bleiben laut einer Studie dem eigenen Auto treu.

Es ist wohl eher Wunschdenken, wenn immer wieder davon geredet wird, dass das eigene Auto an Status verlieren werde. Diverse Mobilitätsdienste wie Carsharing bauen ihre Geschäftsmodelle ja darauf auf, dass der Städter sich von Privatauto abwenden und sich flexibleren Varianten zuwenden werde. Davon ist man wohl noch weit entfernt, so das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen in einer nun veröffentlichten Zehn-Jahres-Bilanz sogenannter Mobility-Services.

Im Gegenteil: Seit 2009 ist die Zahl der Pkw in Deutschland um 5,8 Millionen oder 1,4 Prozent auf 47,1 Millionen Fahrzeuge gestiegen. Die Pkw-Dichte hat parallel von 504 auf 567 Fahrzeuge pro 1.000 Einwohner zugenommen. Das Flotten-Wachstum ist nicht nur im gesamten Land, sondern auch in den Großstädten zu beobachten. In Berlin beispielsweise hat die Zahl der Pkw in den vergangenen zehn Jahren um 11,3 Prozent zugelegt, in München um 18,5 Prozent und in Leipzig um 21,2 Prozent. Das oft gebrachte Argument, Großstädter wollten kein Auto, stehe im Widerspruch zu den Fakten, so CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer.

Carsharing in der Krise

Gleichzeitig blickt Dudenhöffer ernüchtert auf die Lage im Carsharing-Geschäft, das sich nicht zuletzt als günstige und umweltfreundliche Alternative zum Privatauto etablieren wollte. Nach zehn Jahren seien die Bestandszahlen noch niedrig, der Anteil der Sharing-Autos an der deutschen Pkw-Flotte liege bei 0,04 Prozent. Unter den rund 2,46 Millionen Fahrberechtigten vermutet der Experte viele Karteileichen, möglicherweise angelockt durch Boni oder Incentives bei der Anmeldung.

Neben dem mäßigen Kundenzuspruch gibt es laut Dudenhöffer ein weiteres Problem: Carsharing ist ein schwieriges Geschäft. Der Anbieter habe hohe Kapazitätskosten durch die vielen Fahrzeuge im Bestand; bei geringer Auslastung oder nicht kostendeckenden Preisen würden die Unternehmen schnell in die Verlustzone fahren. Von den zahlreichen Carsharing-Diensten der Autohersteller seien nicht zuletzt deswegen mittlerweile nur noch wenige übrig. Opel, Mazda und Citroen etwa haben ihre Angebote längst wieder eingestellt, die Branchenführer Car2go (Daimler) und Drive Now (BMW) mussten sich zudem zuletzt zusammenschließen, um profitabler zu werden.

Privatwagen werden sogar noch attraktiver

Eine Abkehr vom persönlichen Auto sei bislang nicht zu erkennen, zieht Dudenhöffer als Fazit. Der Privatwagen wird in seinen Augen künftig eher noch attraktiver: Neue Produkte wie Car-Abos oder Fullservice-Leasing machten die Nutzung eines eigenen Fahrzeugs künftig weniger riskant und komfortabler. Es spreche daher einiges dafür, dass auch in Zukunft der Wunsch nach einem eigenen Auto ausgeprägt bleibe.

Mazda Carsharing: Rückzug nach nur einem Jahr

Mazda Carsharing: Kooperation mit der Deutschen Bahn, Lidl und Choice aufgekündigt. „Betrieb wirtschaftlich nicht darstellbar“.

Seit Jahren herrscht im Bereich Carsharing allgemein Aufbruchstimmung. Autohersteller steigen ein oder bauen aus. Kooperationen werden vereinbart. Carsharing ist ein Baustein der Mobilität der Zukunft. Ganz andres Mazda: Die japanische Marke zieht sich nach nur einem Jahr aus dem Bereich Carsharing zurück. Dabei verlässt Mazda die im Jahr 2018 gestartete Kooperation mit der Deutschen Bahn, Lidl und dem Mobilitätsdienstleister Choice.

Insgesamt 850 Fahrzeuge konnten bisher über die Carsharing-App der Marke oder die Flinkster-App der Deutschen Bahn gebucht werden. Mit mehr als 4.500 Fahrzeugen ist Flinkster nach eigenen Angaben Deutschlands größter Anbieter für stationäres Carsharing.

Autos auf Lidl-Parkplätzen

Um die Fahrzeuge an attraktiven Standorten für die Kunden bereitstellen zu können, hielt der Lebensmitteleinzelhändler Lidl Kundenparkplätze exklusiv für die Mazda Carsharing-Fahrzeuge bereit. Nach dem Ende ihrer Maximallaufzeit von zwölf Monaten werden die bisherigen 850 Fahrzeuge nicht mehr ersetzt.

„Im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn, Lidl und Choice haben wir wertvolle Erkenntnisse aus dem Projekt gewonnen. Langfristig ist jedoch leider der Betrieb der Flotte für uns wirtschaftlich nicht darstellbar“, sagt Stefan Kampa, Senior Manager Retail, Fleet und Mobility bei Mazda Deutschland.

Die bestehenden Mazda-Carsharing-Kunden haben die Möglichkeit, so heißt es seitens Mazda, direkt im Flinkster-Netzwerk der Deutschen Bahn weiterhin bundesweit Carsharing-Angebote zu nutzen. HM/Foto: Mazda