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Fahrrad-Boom: Zehn Zahlen rund ums Bike

Der Fahrrad-Boom in Deutschland hält an: Der Zweirad-Industrie-Verband hat nun spannende Zahlen rund ums Rad für 2020 zusammen gestellt.

Nicht nur große Lücken in den Showrooms der Fahrradhändler im vergangenen Sommer haben es belegt: Radfahren boomt in Deutschland und weltweit. Diese Entwicklung belegen nicht nur die vollen Radwege am Wochenende, sondern objektiv die Marktzahlen der Fahrradbranche aus 2020. Wir geben eine Übersicht über die aktuellen Verkaufs- und Umsatzzahlen und ordnet die Zahlen ein.

1) 5,04 Millionen verkaufte Fahrräder

Im Coronajahr galt das Fahrrad als einer der wenigen Gewinner – das unterstreichen die aktuellen Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV). So wurden in Deutschland 2020 5,04 Millionen Fahrräder verkauft und somit deutlich mehr als noch 2019. Der Zuwachs entspricht rund 17 Prozent. „Gefragt waren Räder aus allen Segmenten: vom E‑Bike bis zum Kinderrad, vom City-Rad bis zum Mountainbike. Viele unserer Fachhandelspartner:innen freuten sich im vergangenen Sommer über eine überdurchschnittlich hohe Nachfrage bis hin zu teilweise ausverkauften Lagern“, sagt Jacob von Hacht, Geschäftsführer beim Fahrradhersteller Stevens. Laut Ernst Brust, Geschäftsführer beim ZIV, wird diese Entwicklung weitergehen: „Fahrrad und E‑Bike werden auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen. “

2) 1,95 Millionen verkaufte E‑Bikes

Der Boom der Elektroräder ist ungebrochen und hat 2020 mit 1,95 Millionen verkaufter Exemplare ein weiteres Rekordergebnis eingefahren, wie die Zahlen des ZIV zeigen. Bereits 2019 wurden 1,4 Millionen Elektroräder verkauft und somit mehr als Diesel-Pkws. Elektrifiziert werden mittlerweile so gut wie alle Radgattungen. Im Jahr 2020 wurden somit nochmals 43,4 Prozent mehr E‑Bikes verkauft als im Jahr 2019. „Wir rechnen damit, dass in etwa zwei Jahren jedes zweite in Deutschland verkaufte Fahrrad ein E‑Bike sein wird“, prognostiziert Dr. Thomas Leicht, Leiter E‑Bike-Systeme bei Brose. Insgesamt 7,1 Millionen E‑Bikes sind mittlerweile in Deutschland unterwegs.

3) 1.279 Euro für ein neues Fahrrad

Der Durchschnittspreis für ein neu gekauftes Fahrrad liegt in Deutschland laut ZIV mittlerweile bei 1.279 Euro und hat somit erstmals die 1.000-Euro-Marke geknackt. Zum Vergleich: 2014 lag der Durchschnittspreis noch bei 528 Euro und hat sich in den letzten Jahren deutlich mehr als verdoppelt. Das liegt einerseits natürlich an der wachsenden Nachfrage nach E‑Bikes, aber auch an einem wachsenden Qualitätsverständnis der Kunden. „Preise von 2.500 Euro aufwärts sind bei E‑Bikes bereits Normalität und werden von Kund:innen gerne und bereitwillig bezahlt, da sie Qualität wollen“, sagt Anja Knaus, Pressesprecherin beim E‑Bike-Pionier Flyer.

4) 3,73 Millionen importierte Räder

Aufgrund der aktuell angespannten Situation in den Lieferketten stellt sich die Frage, woher der deutsche Fahrradmarkt seine Fahrräder und E‑Bikes bezieht. 3,73 Millionen Fahrräder und E‑Bikes wurden im letzten Jahr importiert. Länder wie Kambodscha (22 Prozent) und Bangladesch (acht Prozent) liegen an der Spitze. Über die letzten Jahre lässt sich jedoch eine Rückholung der Produktion nach Europa feststellen. So haben sich Produktionsstätten in Portugal, Ungarn, Bulgarien oder Polen als Alternativen mit kurzen Transportwegen herausgestellt. Der Anteil der in Deutschland produzierten Räder lag im letzten Jahr bei 2,2 Millionen Fahrzeugen.

5) 6,44 Milliarden Umsatz im Fahrradhandel

Fahrradverkauf, Zubehörgeschäft und Werkstattleistungen: Der deutsche Zweiradhandel hat im letzten Jahr einen Umsatz von 6,44 Milliarden erzielt und somit eine Steigerung von 61 Prozent gegenüber 2019 erreicht.

Der BVZF rechnet mit 340.000 geleasten Rädern in 2020. Foto: JobRad

Trotz Lockdown im März und April konnte sich der Fachhandel über mangelnde Nachfrage also nicht beklagen. „Neben Rädern und E‑Bikes wurde auch eine wachsende Nachfrage nach Zubehörteilen festgestellt“, berichtet Thomas Kunz, Geschäftsführer beim Verband des Deutschen Zweiradhandels (VDZ). Der Fachhandel bleibt auch trotz der temporären Schließungen der Hauptvertriebskanal für Fahrradkäufe: Ca. 73 Prozent des Umsatzes wurden im stationären Fachhandel erzielt.

6) 281.000 Arbeitsplätze

Im Jahr 2019 arbeiteten in der deutschen Fahrradwirtschaft rund 281.000 Menschen in sozialversicherungspflichtigen Berufen bzw. als Selbstständige. Das geht aus einer Studie der Westfälischen Hochschule hervor, die im Auftrag des ZIV, des Verbund Service und Fahrrad (VSF) und des Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF) erstellt wurde. Die Zahl setzt sich zusammen aus den Bereichen Herstellung (21.000), Handel (43.000), Dienstleistung (2.000) sowie Vor- und nachgelagerte Betriebe (11.000). Den Großteil macht allerdings der Fahrradtourismus aus. Hier sind rund 204.000 Beschäftigte tätig.

7) 11,6 Milliarden Euro Umsatz im Fahrradtourismus

Eine Fahrradtour war im letzten Jahr für viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland eine willkommene Urlaubsalternative zur ausfallenden Auslandsreise. Für 2020 gibt es leider noch keine belastbaren Zahlen, aber bereits 2018 betrug der Umsatz im Fahrradtourismus laut der Studie der Westfälischen Hochschule 11,6 Milliarden Euro. Darin enthalten sind Leistungen wie Umsatz vor Ort in Form von Übernachtung oder Verpflegung sowie die An- und Abreise per Auto oder Bahn. „Fahrradtourismus war in der Vor-Corona-Zeit schon ein wachsender Markt. Egal, ob als Familienurlaub oder als Abenteuerfahrt im Bikepacking-Modus – die Nachfrage nach Gepäcktaschen als Reisebegleiter hat nochmals zulegen können“, bestätigt Peter Wöstmann, Pressesprecher beim Taschenspezialisten Ortlieb.

8) 340.000 Leasing-Räder

Dienstrad-Leasing ist seit der Einführung 2012 ein stark wachsender Bereich. Immer mehr Beschäftigte nutzen die steuerlichen Vorteile, die sich über die Gehaltsumwandlung beim Erwerb über den Arbeitgeber ergeben. Allein für das Jahr 2020 rechnet der BVZF mit 340.000 neu geleasten Rädern in Deutschland. Die hohen Durchschnittspreise machen den Markt zu einem Wachstumstreiben. Hinzu kommen fahrradnahe Servicebereich wie Versicherungen, Routing oder GPS-Tracking, die ebenfalls beliebter werden. Die Umsatz 2018 im Bereich Dienstleistung betrug bereits 560 Millionen Euro. Der BVZF rechnet allerdings damit, dass die Zahlen schon weit übertroffen sein dürften.

9) 103.200 verkaufte Cargobikes

Cargobikes sind ein wesentlicher Bestandteil für einen Wandel der Verkehrspolitik. „Cargobikes sind praktische Alltagshelfer sowohl für Familien als auch für Gewerbetreibende“, sagt beispielsweise Jörg Matheis, Head of Communications beim Hersteller Riese & Müller. 2020 wurden in Deutschland 103.200 der Transporträder verkauft, rund 78.000 Modelle davon mit E‑Motor. Deutschland ist dabei der größte europäische Markt. Aber auch in anderen Ländern nimmt das Thema an Fahrt auf. Der Lobbyverband Cycling Industries Europe (CIE) hat eine Umfrage unter 38 Cargobike-Marken über das erwartete Wachstum durchgeführt. Das Ergebnis: Von 2018 auf 2019 konnte der Cargobike-Markt bereits um 60 Prozent zulegen, für 2020 wird ein weiteres Wachstum um nochmals über 50 Prozent in ganz Europa prognostiziert.

10) 76 Millionen Euro Umsatz per Lastenrad-Lieferung

Nicht nur bei Privatpersonen, auch bei Logistikern wird das Lastenrad immer beliebter. Rund 76 Millionen Euro Umsatz sollen im letzten Jahr von Lastenrad-Logistikern erzielt worden sein. Diese Zahl veröffentlichte der Radlogistik Verband Deutschland. Dabei beginnt das Wachstum der Branche erst jetzt richtig: In der Corona-Phase haben sich die Lieferungen an die Haustür nochmals erhöht und das Lastenrad ist dafür eine saubere und klimafreundliche Möglichkeit. Aktuell sind rund 100 Unternehmen mit 2.600 Beschäftigten in der Radlogistik tätig, Tendenz steigend. HM/p-df/Titelfoto: vaude.com/pd-f

screenNiu

NIU: Die etwas andere Rollertour (Video)

Der chinesische Rollerhersteller NIU hat den Stuntman JT Holmes zu einer besonderen Testfahrt überredet. Dieser stürzte sich mit dem E-Roller aus einem Flugzeug.

Als Teil der „#MakeLifeElectric“-Kampagne hat die chinesische Firma NIU einen spannenden Stunt-Clip erstellt. NIU konzentriert sich auf den Bau von Elektrorollern und hat eines der Fabrikate zusammen mit JT Holmes und Craig O’Brien in luftige Höhen geschickt.

Holmes ist passionierter Stuntman, O’Brien professioneller Freefall-Kameramann und hat unter anderem an „Mission Impossible: Fallout“ mitgearbeitet, wo ein ganz ähnlicher Stunt zu sehen ist.

Weiteres Videomaterial und ein Interview mit dem Stuntman sind hier zu finden (auf englisch).

NM/Titelfoto: NIU (Video-Screenshot)

DMT Arena eRockit

eRockit kommt zur DMT Arena 2020

Der eRockit geht ganz eigene Wege: Er ist eine Mischung aus Fahrrad und Motorrad. Testen Sie ihn auf der DTM Arena!

In puncto Design können elektrisch angetriebene Motorräder ganz eigene Wege im Vergleich zu klassischen Bikes mit Verbrennungsmotor einschlagen. Ein entsprechend ungewöhnliches Aussehen bietet das in Deutschland erdachte eRockit, das im Mai 2019 zum nunmehr zweiten Mal in den Markt gestartet ist und das man auf der DMT Arena testen kann.

Die Idee zum „schnellsten Fahrrad der Welt“, das mit seinen Pedalen und seiner langen Gabel wie eine Mischung aus BMX-Rad und AME-Chopper aussieht, stammte einst aus der Berliner Technologieszene. Inzwischen wurde das eRockit von einem Team internationaler Motorradexperten im Brandenburgischen Hennigsdorf komplett neu aufgesetzt. Das einzigartige, pedalgesteuerte Elektromotorrad bedient sich einfach und intuitiv wie ein Fahrrad und entfaltet beim Tritt in die Pedalen ein magisches Fahrgefühl. In Sachen Agilität, Straßenlage und Dynamik lässt das eROCKIT keine Wünsche offen. Erstmals wird das neue Modell der Limited Edition 100 in Hannover bei der DMT Arena 2020 vorgestellt.

120 Kilometer Reichweite

eRockit DMT Arena
Das eRockit ist ein Zwitter aus Fahrrad und Motorrad. Fotos: eRockit

Wie bisher handelt es sich beim eRockit weder um ein Motorrad noch um ein Pedelec. Formal gesehen ist es ein Leichtkraftrad, dessen aktiv luftgekühlter, hocheffizienter, bürstenloser Permanentmagnet-Synchronmotor mit einer Spitzenleistung von 16 kW (entspricht 22 PS) eine Höchstgeschwindigkeit von rund 90 km/h liefert. Der Vorteil: Anders als mit den meist auf 45 km/h begrenzten E-Rollern kann das eRockit souverän mit dem Autoverkehr in der Stadt mitschwimmen. Im Rahmendreieck steckt ein 6,6 kWh großer Akku, der bis zu 120 Kilometer Reichweite erlauben soll. Rund drei Stunden dauert ein Ladevorgang an der Steckdose von 20 bis 80 Prozent Ladung; von 0 bis 100 Prozenz benötigt er 5 Stunden.

Die besondere Funktionsweise basiert auf Muskelkraftmultiplikation: Die eRockit-Elektronik registriert die vom Fahrer aufgewendete Muskelkraft und multipliziert diese um ein Vielfaches. Entsprechend erlebt der Benutzer einen atemberaubenden Vorwärtsschub beim Treten in die Pedale und dies bei vergleichsweise minimalem Kraftaufwand.

Fahren mit dem Pkw-Führerschein

Und ja, man darf mit dem eRockit auf deutschen Autobahnen fahren. Denn dieses Elektro-Bike fährt deutlich schneller als die dafür vorgeschriebenen 60 km/h – es ist ja als Leichtkraftrad für den Straßenverkehr zugelassen. Zum Fahren ist der Führerschein der Klasse A, A1 oder A2 erforderlich oder ein Führerschein der Klasse 3 (Pkw) ausgestellt vor dem 1.4.1980. Der Basispreis liegt bei 11.850 Euro brutto.

Drei eRockit-Bikes werden auf der DMT Arena am 1. Oktober im Hannover Congress Centrum (HCC) für Testfahrten bereit stehen. Die Tagesveranstaltung bietet kleine Präsentationen von Anbietern, Testfahrprogrammen und Vorträgen. Am Abend findet die Podiumsdiskussion statt, die zur Entzerrung live gestreamt wird.

Hier erfahren Sie mehr zur DMT Arena am 1. Oktober in Hannover

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Ladesäulen

BW-Verkehrsminister Winfried Hermann: „Jede Fahrt mit dem Rad oder Pedelec bedeutet selbstaktive Mobilität mit null CO2-Emissionen"

Baden-Württemberg startet Dienstrad-Leasing

Fahrrad statt Auto: Baden-Württemberg führt ein Dienstrad-Angebot für einen Teil der Landesbeschäftigten ein.

Die Landesregierung möchte die Nutzung von Fahrrad und Pedelec für die Bediensteten der Landesverwaltung attraktiver machen und ein Dienstrad-Leasingmodell einführen. Das Angebot: Die Landesbeamtinnen und Landesbeamte sowie Richterinnen und Richter können im Rahmen einer Entgeltumwandlung ihres Bruttogehalts ein Fahrrad oder Pedelec zu attraktiven Konditionen beziehen.

Das Ministerium für Verkehr hatte in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium im August die Einführung eines landesweiten Radleasing-Modells europaweit ausgeschrieben. Das Vergabeverfahren konnte inzwischen erfolgreich abgeschlossen werden. Den Zuschlag für das wirtschaftlichste Angebot erhielt die Bietergemeinschaft um die JobRad GmbH aus Freiburg.

Anreiz für 170.000 Landesbeamte/innen

Verkehrsminister Winfried Hermann: „Jede Fahrt mit dem Rad oder Pedelec bedeutet selbstaktive Mobilität mit null CO2-Emissionen. Wer Rad fährt, erfährt nachhaltige Mobilität und leistet einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Deshalb freue ich mich, dass wir für die 170.000 Landesbeamtinnen und -beamten einen Anreiz setzen, mehr Fahrten mit dem Rad zurückzulegen, auf dem Weg in den Dienst und privat. Und ganz nebenbei: Radfahren macht Freude und ist gesund.“

Das Dienstrad-Leasing beruht auf der sogenannten Gehaltumwandlung. Dabei wird die monatliche Leasingrate vom Bruttogehalt abgezogen. Die Bediensteten profitieren von einer steuerlichen Förderung, und das Radleasing wird im Vergleich zum Barkauf wirtschaftlich attraktiver. Die Möglichkeit der Entgeltumwandlung ergibt sich aus den Bestimmungen des Landesbesoldungsgesetzes Baden-Württemberg und ist vorerst nur für die Landesbeamtinnen und -beamten möglich. Für Tarifbeschäftigte ist eine Entgeltumwandlung in den Tarifverträgen bislang nicht vorgesehen, weil die Gewerkschaften das Modell ablehnen.

36 Monate Laufzeit

Die Laufzeit der Leasings beträgt 36 Monate. Nach Ablauf dieses Zeitraums kann ein neues Rad oder Pedelec geleast werden. Marktüblich, aber rechtlich nicht garantiert, ist auch, dass der Leasingdienstleister der Nutzerin oder dem Nutzer ein Kaufangebot unterbreitet.

Die Landesverwaltung arbeitet nun gemeinsam mit der JobRad GmbH mit Hochdruck an einem Umsetzungskonzept zur Einführung von JobBike BW. „Wir freuen uns sehr, gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg Fahrräder und Pedelecs weiter als Alltagsverkehrsmittel voranzubringen – das JobBike BW ist gelebte Verkehrswende, Klimaschutz und Gesundheitsförderung in Einem“, erklärt JobRad-Gründer und -Geschäftsführer Ulrich Prediger. Ziel ist, das Angebot zum Sommer 2020 bereitzustellen. Die genauen Konditionen sowie das genaue Antragsverfahren werden rechtzeitig vor dem Start des Angebots mitgeteilt.

Fahrrad parken

Wo darf ich künftig mein Fahrrad parken?

Eine Novelle der StVO schränkt das Parken von Fahrrädern ein: Der rechte Fahrbahnrand soll künftig tabu sein. Das provoziert Widerspruch.

Der Verkehrsausschuss des Bundesrates beschäftigt sich am 4. Dezember 2019 mit der vom Bundesverkehrsministerium im Sommer vorgestellten Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO). Darin enthalten ist auch eine weitgreifende Änderung zum Fahrradparken, die allerdings für Diskussionen sorgt.

Beim Fahrradparken gilt: Wenn keine Fußgänger behindert werden, dürfen Fahrräder auf dem Gehweg stehen. Das bleibt auch weiterhin bestehen. Zudem konnte man ein Fahrrad, da es rechtlich als Fahrzeug gilt, bislang auch am rechten Fahrbahnrand abstellen. In der Neufassung der StVO (§ 12, Abs. 4, Satz 2), die aktuell im Bundesrat zur Debatte steht, wird Letzteres allerdings untersagt. Dort soll stehen: „Fahrräder sind außerhalb von Seitenstreifen und Fahrbahnen abzustellen.“

„Es handelt sich um ein neues Verbot“

Laut Ansicht der politischen Vertreter erscheint das aufgrund der Parkraumknappheit in vielen Großstädten sinnvoll. Aber: Oftmals ist es für Radfahrer die einzige Möglichkeit, ihr Fahrrad zu parken, weil Möglichkeiten zum Anschließen fehlen oder der Gehweg zu schmal ist. „Es handelt sich um ein neues Verbot und nicht – wie in der Begründung des Gesetzentwurfs behauptet wird – um eine Klarstellung, denn bisher nimmt die StVO Fahrräder nicht pauschal vom Fahrbahnparken aus“, erklärt Roland Huhn, Rechtsexperte beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).

Am Heck eines Liegerad-Trikes ist viel Platz für Gepäck. Es stört dort nicht die Pedalierbewegungen und ebensowenig die Aerodynamik. Fotos: pd-f

Andreas Hombach, Experte für Fahrradparkanlagen bei der Firma WSM, sieht deshalb gerade die Stadtplaner in der Pflicht: „Nur wenn jetzt in fußläufiger Lage zu Geschäften, Dienstleistern, Arztpraxen, Ämtern u. a. vor Witterungseinflüssen, Vandalismus und Diebstahl schützende Fahrradabstellanlagen entstehen, wird das Fahrrad auch mehr genutzt, der innenstädtische Verkehr langfristig entlastet und damit ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet.“

Lobby-Arbeit sorgt für Anpassung

Die Gesetzesänderung steht bei Radverbänden wie dem ADFC oder auch dem Radlogistikverband Deutschland (RLVD) stark in der Kritik. Die Verbände plädieren dafür, dass der Passus wieder gänzlich gestrichen wird und nicht in die neue StVO einfließt. Zwar nehmen nur wenige Radfahrer die Möglichkeit in Anspruch, aber speziell Lastenräder und Fahrräder mit Anhänger werden meist auf der Fahrbahn geparkt, um Fußgänger nicht zu beeinträchtigen.

Die Kritik der Verbände zeigte ein wenig Wirkung, was laut aktuellem Stand zu einer Sonderregelung führt: Lastenfahrräder und Räder mit Anhänger sind vom Verbot des Abstellens an der rechten Fahrbahnseite ausgenommen. „Wir haben den Entwurf zur StVO-Novelle um die Ausnahme ergänzt: Lastenräder und Fahrräder mit Anhänger werden weiterhin am Fahrbahnrand abgestellt werden können“, sagte Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, auf der ersten Radlogistik-Konferenz Ende Oktober in Berlin.

Hanna Gehlen, Geschäftsführerin beim Spezialisten für Fahrradanhänger Croozer, sieht diese Änderung positiv: „Dass das Verbot nicht für Fahrräder mit Anhänger oder Lastenräder gelten soll, ist ein Lichtblick. Nicht nur für Liefer- oder Paketdienste, die in eng bebauten Gebieten die Möglichkeiten haben müssen, mit dem Fahrrad auszuliefern, ist dies wichtig. Auch für Familien, die komplett auf ein Auto verzichten möchten, ist diese Ausnahme essenziell. Nur so können sie sich in Innenstädten emissionsfrei und vor allem ohne Einschränkungen bewegen.“

Lastenräder erhalten eigenes Verkehrszeichen

Damit dieser Parkraum auch gegeben ist, wird laut StVO ein neues Verkehrszeichen speziell für Cargo-Biker eingeführt. Dabei handelt es sich um eine Kennzeichnung für Park- und Ladefläche rein für Transporträder. Allerdings darf dort nur halten und parken, wer Güter transportiert. Der Personentransport, selbst von Kindern, ist bislang nicht inbegriffen. Als Beispiel dient die Hauptstadt Berlin: Am 8. November gab die Senatsverwaltung per Pressemitteilung bekannt, dass es neue, einheitliche Regelpläne für das Parken von Lastenrädern geben wird. Die Bezirke können nun genaue Flächen definieren, die am rechten Fahrbahnrand als offizielle Parkplätze für Lastenräder ausgeschrieben werden.

Drei Lastenräder sollen schräg geparkt auf einen Kfz-Parkplatz passen. Die Abstellbügel sind entsprechend kürzer als herkömmliche Fahrradbügel, damit Platz zum Rangieren bleibt. Außerdem sollen auch spezielle Parkplätze am Fahrbahnrand für E‑Scooter geschaffen werden, auf denen – entsprechende Beschilderung vorausgesetzt – auch Fahrräder Platz finden. „Wir wollen neue Abstellflächen auf der Fahrbahn schaffen, um die Gehwege frei zu bekommen“, so Verkehrsstaatssekretär Ingmar Stresse.

Die Argumentation des Berliner Senats steht also im Gegenteil zum Vorschlag des Bundes zur StVO-Anpassung. Roland Huhn sieht den Vorstoß allerdings skeptisch, wenn die Änderung der StVO in Kraft tritt. „Es ist zu befürchten, dass der neue § 12 Absatz 4 Satz 2 die Anlage von Parkflächen für Fahrräder auf der Fahrbahn verhindern wird. Geboten wäre aber angesichts des zunehmenden Radverkehrs und neuer Fahrradtypen das Gegenteil: Die Einrichtung von Fahrradparkplätzen am Fahrbahnrand sollte leichter möglich sein.“

Wohin mit dem Spezialrad?

Bleibt auch die Frage nach Spezialrädern. Darunter fallen etwa Dreiräder für Menschen mit Handicap. Diese Fahrzeuge können ähnlich sperrig wie Lastenräder sein, sind aber nicht von der Sonderregelung für Cargo-Bikes betroffen. „Wenn man jetzt Fahrradparken in den Städten einschränkt, lässt man Menschen mit Handicap mal wieder im Regen stehen“, moniert Paul Hollants. Und der Geschäftsführer vom Spezialradhersteller HP Velotechnik legt nach: „Das scheint uns ein Schnellschuss zu sein und nicht durchdacht. Das hieße doch, dass wir als nächstes Behindertenparkplätze für Fahrräder ausweisen. Und an die dann noch eine Handicap-Plakette?“ Bevor so eine neue Regelungswut ausbricht, sei es doch besser, alles beim Alten zu belassen, so sein Appell an die Politiker.

Am 4. Dezember bespricht der Verkehrsausschuss des Bundesrates die sogenannte Drucksache 591/19, die anschließend voraussichtlich am 20. Dezember 2019 in der Plenarsitzung des Bundesrates finalisiert wird. pd-f/tg